Regionalzug an einem Bahnsteig

Der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit

Gericht bestätigt Kritik des HBDI an Zwang zur Preisgabe personenbezogener Daten bei DB

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat am 10. Juli (Az. 6 UKI 14/24) die DB Fernverkehr AG (DB) verurteilt, es beim Vertrieb von Sparpreis- oder Super-Sparpreistickets zu unterlassen, von Verbrauchern E-Mail-Adressen und/oder Mobiltelefonnummern ohne Alternative zu verarbeiten. Geklagt hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Gegenstand des Gerichtsverfahrens war die Frage, inwieweit die DB den Zugang zu verbilligten Bahnfahrten von der Nutzung von E-Mail oder Smartphone abhängig machen kann, indem sie keinen alternativen Vertriebsweg ohne Verarbeitung personenbezogener Daten anbietet. Solche digitalen Zugangshürden diskriminieren diejenigen, die kein Smartphone oder keinen Internetzugang besitzen oder die ihre personenbezogenen Daten nicht für diesen Zweck preisgeben wollen.

Der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HBDI), Prof. Dr. Alexander Roßnagel, hatte in dem Gerichtsverfahren eine Stellungnahme abgegeben, in der er klarstellte, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten durch digitale Zugangshürden für Sparpreistickets datenschutzrechtlich unzulässig ist.

Diese Sicht bestätigte nun das OLG in seinem Urteil: Die Erhebung und Verarbeitung von E-Mail-Adressen und/oder Mobiltelefonnummern durch die DB ist rechtswidrig, weil sie hierfür keine Rechtsgrundlage hat. Die DB kann sich nicht auf eine Einwilligung der Kunden stützen, weil diese mangels Freiwilligkeit unwirksam ist. Solange sie keinen alternativen Erwerb der Spartickets ohne Verarbeitung dieser Daten ermöglicht (z.B. am Schalter), setzt sie die Kunden unter einen Zwang, ein Mailkonto zu eröffnen oder ein Smartphone zu erwerben und ihre Daten anzugeben. Diese Datenpreisgabe ist auch nicht erforderlich zur Erfüllung des Beförderungsvertrags, weil die Beförderung von Bahnkunden keine E-Mail-Adresse und kein Smartphone voraussetzt. Schließlich ist die Preisgabe der Daten auch nicht erforderlich, um berechtigte Interessen der Bahn umzusetzen. Die Einordnung der digitalen Zugangshürde als „wirtschaftlich sinnvollste Alternative“ genügt nicht, um den mit ihr verbundenen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz zu rechtfertigen.

Der HBDI begrüßt die gerichtliche Klarstellung: „Das Urteil hat nicht nur Auswirkungen auf den Vertrieb von Sparpreistickets und andere Leistungen der DB wie der digitalen Bahncard. Vielmehr zeigt es für andere Bereiche auf, dass digitale Zugangshürden zu analogen Leistungen nach der Strategie des ‚digital only‘ die Grundrechte der Betroffenen zumindest insoweit berücksichtigen müssen, als sie auch alternative Zugangswege anbieten müssen.“

Link: Urteil des OLG Frankfurt am MainÖffnet sich in einem neuen Fenster

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