Zu dem aktuellen Thema „Bürokratieabbau im Datenschutz“ veranstalteten die Präsidentin des Hessischen Landtages, Astrid Wallmann, und der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HBDI), Prof. Dr. Alexander Roßnagel, am 5. Mai 2025 das 27. Wiesbadener Forum Datenschutz. Mit knapp 150 Teilnehmenden aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, die den Plenarsaal des Hessischen Landtages ausfüllten, erfreute sich die diesjährige Fachtagung zum Datenschutz eines besonders großen Interesses.
Landtagspräsidentin Astrid Wallmann begrüßte die Anwesenden und wies sowohl auf die große Bedeutung des Datenschutzes als auch des Bürokratieabbaus hin.
Dies griff der HBDI, Prof. Dr. Alexander Roßnagel, in seiner Einführung in die Tagung auf und erklärte, dass man zwischen guter und schlechter Bürokratie unterscheiden müsse. Gute Bürokratie könne eine wichtige Grundlage für Demokratie, Grundrechtsschutz und Rechtsstaat sein. Schlechte Bürokratie verursache Rechtsunsicherheit, belaste Wirtschaft und Gesellschaft und behindere Innovationen. Er deutete an, wo auch im Datenschutz ein Abbau von Bürokratie möglich sei.
Manfred Pentz, Hessischer Minister für den Bund, Europa, Internationales und Entbürokratisierung, beleuchtete in seinem Vortrag zum Thema „Bürokratisierung und Entbürokratisierung“ die schädlichen Folgen übertriebener Bürokratie und zeigte auf, in welchen Bereichen und mit welchen Maßnahmen in Hessen bereits Fortschritte in der Entbürokratisierung erfolgt seien. Ein Beispiel sei die Zusage des HBDI, bei einem Erstverstoß durch einen Amateurverein gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) keine Geldbuße zu verhängen, sondern den Verein zu beraten.
Prof. Dr. Wolfgang Ziebarth von der Hochschule der Polizei Baden-Württemberg betonte in seinem Vortrag, welche Kontrollaufgaben die Datenschutzaufsicht hat und welcher Gesetzesbindung sie dabei unterliege. Er zeigte auf, welche Maßnahmen im Datenschutz effektiv zum Bürokratieabbau beitragen und warnte vor ideologisch geprägten Irrwegen einer vermeintlichen Entbürokratisierung, die in der Praxis für alle Beteiligten Nachteile aufwiesen. Als Beispiel für einen solchen Irrweg nannte er eine Zentralisierung von Datenschutzzuständigkeiten im Bereich der Wirtschaft bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.
Privatdozent Dr. Christian Geminn von der Universität Kassel kritisierte die DSGVO für ihren One-Size-Fits-All-Ansatz, der Amateurvereinen und Weltkonzernen die gleichen Pflichten vorgebe. Er forderte eine Entlastung risikoarmer Datenverarbeitungen und eine Verstärkung des Schutzes gegenüber hohen Datenschutzrisiken durch eine Orientierung der Pflichten am verursachten Risiko.
Der Vortrag des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz, Prof. Dr. Thomas Petri, untersuchte, welches Ermessen die deutschen Gesetzgeber und die Datenschutzaufsichtsbehörden nach der DSGVO haben, um Maßnahmen des Bürokratieabbaus durchzuführen. Die DSGVO schließe solche Maßnahmen nicht aus, setze dem Streben nach Entbürokratisierung aber auch Grenzen, wenn die Effektivität des Datenschutzes in Frage gestellt wird.
Abschließend beleuchtete der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg, Prof. Dr. Tobias Keber, die Frage, wie einzelne Maßnahmen zum Bürokratieabbau methodisch bemessen und bewertet werden können. Er kritisierte den Sonderweg Deutschlands, bei der Umsetzung der KI-Verordnung neben dem Datenschutzbeauftragten die Bundesnetzagentur als weitere Vollzugsbehörde vorzusehen. Dies sei das Gegenteil von Entbürokratisierung. Er wies außerdem auf verfassungsrechtliche Grenzen der Zentralisierung der Datenschutzaufsicht hin und beschrieb die Nachteile einer solchen Transformation für den überwiegenden Teil der Wirtschaftsakteure.
In seinem Schlusswort ging der HBDI, Prof. Dr. Alexander Roßnagel, auf politische Dimensionen des Abbaus von Bürokratisierung im Datenschutz ein. Die Datenschutzaufsichtsbehörden bieten den Gesetzgebern an, sie mit ihrer Praxiserfahrung zu beraten. Sie werden im Rahmen ihrer Entscheidungsspielräume im Vollzug des Datenschutzrechts selbst nach Möglichkeiten der Entlastung suchen. Hinsichtlich der notwendigen Rechtssicherheit haben sie in den letzten Jahren durch zahlreiche Maßnahmen erreicht, ihre Rechtsauffassung und Datenschutzpraxis zu vereinheitlichen, und hoffen auf weitere Unterstützung durch die Politik.