Dorf am Rhein

Datenschutz bei Bürgerbegehren

Bürgerbegehren und Bürgerentscheide im Sinne des § 8b der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) umfassen ein breites Themenspektrum (etwa die kommunale Stromversorgung, die Umbenennung einer Straße oder auch die Errichtung oder den Erhalt eines Gemeindezentrums oder eines Stadions). Sie sind daher als Instrument der direkten Demokratie in den Kommunen stark verbreitet. Die Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren und weitere Verarbeitung der personenbezogenen Daten erfolgt in der Regel durch Privatpersonen. Für diese stellt die Einhaltung der umfassenden datenschutzrechtlichen Vorgaben eine nicht unerhebliche Herausforderung dar. Die nachfolgenden Informationen sollen daher bei der Umsetzung der wesentlichen Aspekte des Datenschutzes unterstützen.

I. Unterschriftensammlung und weitere Datenverarbeitung

Die Verantwortlichkeit im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DS-GVO richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Entscheidend ist, wer „über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet“. Zumeist entscheiden die (häufig als privatrechtlicher Verein organisierten) Initiatoren des Bürgerbegehrens und nicht die (ein bis drei) Vertrauenspersonen gemäß § 8b Abs. 3 S. 2 HGO über die Art und Weise der Unterschriftensammlung und den weiteren Umgang mit den erhobenen personenbezogenen Daten.

Da lediglich wahlberechtigte Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde ein Bürgerbegehren rechtswirksam unterstützen können, ist die Angabe von bestimmten personenbezogenen Daten (Familienname, Vorname, Tag der Geburt, Anschrift, Unterschrift sowie der Tag der Unterzeichnung) bei der Sammlung der Unterstützungsunterschriften erforderlich. Die Erhebung weiterer Daten (etwa Beruf oder weitere Kontaktdaten wie Telefonnummer und E-Mail-Adresse) ist dagegen unzulässig.

Aus der Eintragung auf einer Unterschriftenliste für ein Bürgerbegehren, das nach § 8b Abs. 1 S. 1 HGO „eine wichtige Angelegenheit der Gemeinde“ behandelt, geht eine politische Meinung hervor. Die Verarbeitung dieser besonderen Kategorie personenbezogener Daten im Sinne des Art. 9 DS-GVO ist ausnahmsweise zulässig, sofern eine den Maßgaben des Art. 9 Abs. 2 Buchstabe a DS-GVO entsprechende Einwilligung der Unterzeichner vorliegt. Dies bedingt insbesondere eine ausdrückliche Einwilligung in die Verarbeitung der personenbezogenen Daten für einen oder mehrere festgelegte Zwecke (Sammlung der erforderlichen Anzahl von Unterschriften gemäß § 8b Abs. 3 S. 3 HGO zu der Durchführung eines Bürgerentscheids) und die Erfüllung der Bedingungen nach Art. 7 DS-GVO (Informiertheit, jederzeitige Widerrufbarkeit und Freiwilligkeit). Im Hinblick auf die Freiwilligkeit dürfen die Unterzeichner keinem unzulässigen Druck zu der Abgabe ihrer personenbezogenen Daten ausgesetzt werden. Die jederzeitige Widerrufbarkeit erfordert die Möglichkeit der Entfernung der personenbezogenen Daten von den Unterschriftenlisten (etwa mittels Schwärzung). Es sollte zudem eine Einwilligung hinsichtlich der Einholung der Bescheinigung des Wahlrechts erfolgen (entsprechend der Unterstützer für Wahlvorschläge bei Kommunalwahlen, siehe den amtlichen Vordruck für Unterstützungsunterschriften nach § 23 Abs. 3 der Hessischen Kommunalwahlordnung, KWO).

Um den Maßgaben der DS-GVO zu genügen, ist ein Einwilligungspassus auf den Unterschriftenlisten aufzunehmen (siehe die Nachweispflicht gemäß Art. 7 Abs. 1 DS-GVO). Als Muster kann folgender Abschnitt dienen:

Diese Einwilligungserklärung stellt ein Muster dar, welches stets an den jeweiligen Einzelfall anzupassen ist (insbesondere die kursiv gesetzten Bestandteile)!

 

Einwilligungserklärung

Ich willige ein, dass meine personenbezogenen Daten (Familienname, Vorname, Tag der Geburt, Anschrift, Unterschrift sowie der Tag der Unterzeichnung) für das Bürgerbegehren (Titel des Bürgerbegehrens), gerichtet auf Durchführung eines Bürgerentscheids, verarbeitet werden. Dieses muss von mindestens (3/5/10) Prozent der bei der letzten Gemeindewahl amtlich ermittelten Zahl der wahlberechtigten Einwohner unterzeichnet sein (abhängig von der Größe der Gemeinde, vgl. § 8b Abs. 3 S. 3 HGO). Die personenbezogenen Daten werden an die Gemeinde (Name der Gemeinde) weitergeleitet. Zu der Prüfung meiner Wahlberechtigung willige ich in die Einholung der Bescheinigung des Wahlrechts ein. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.

Datum
Persönliche und handschriftliche Unterschrift

 

Die sammelnden Personen sollten vor Beginn der Unterschriftensammlung seitens der Initiatoren/Vertrauenspersonen (ggf. unter Heranziehung fachkundiger Personen und des Gemeindevorstands gemäß § 8b Abs. 3 S. 5 HGO) hinsichtlich des Datenschutzes geschult und sensibilisiert werden.

Die Unterschriftsleistenden sind zum Zeitpunkt der Erhebung ihrer personenbezogenen Daten gemäß Art. 13 DS-GVO zu informieren. Ein Musterblatt findet sich unten. Die Informationen sollten (bei Sammlungen an Infoständen) mittels eines gut sichtbaren Aushanges erteilt werden. Zudem sollten (insbesondere bei Sammlungen an Haustüren) ausreichend Kopien des Informationsblattes vorgehalten werden. Es empfiehlt sich ferner, die Informationen auf der Webseite des Bürgerbegehrens (sofern vorhanden) bereitzustellen.

Die Unterschriftenlisten sind entsprechend des Grundsatzes der „Integrität und Vertraulichkeit“ des Art. 5 Abs. 1 Buchstabe f DS-GVO sowie Art. 32 DS-GVO sicher (in verschlossenen Räumen oder Schränken) aufzubewahren und, sofern diese nicht bei der Gemeinde eingereicht werden, gemäß Art. 17 Abs. 1 Buchstabe a und Art. 32 DS-GVO ordnungsgemäß zu vernichten. Eine Verwendung der personenbezogenen Daten für andere Zwecke ist (sofern dafür keine ausdrückliche Einwilligung gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchstabe a DS-GVO vorliegt) nach dem Grundsatz der „Zweckbindung“ des Art. 5 Abs. 1 Buchstabe b DS-GVO nicht zulässig.

II. Datenverarbeitung durch die Gemeinde

Nach Einreichung der Unterschriftenlisten bei der Gemeinde gemäß § 8b Abs. 3 S. 1 HGO ist diese für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten verantwortlich. Auch die Gemeinde darf die personenbezogenen Daten grundsätzlich nur zweckgebunden zu der Feststellung des Erreichens des erforderlichen Quorums des § 8b Abs. 3 S. 3 HGO verarbeiten. Sie muss die Daten bei Zweckerreichung (etwa sofern das Quorum nicht erreicht worden ist oder das Bürgerbegehren infolge einer unzureichenden Begründung nicht zulässig ist) entsprechend Art. 17 Abs. 1 Buchstabe a DS-GVO unverzüglich löschen. Im Falle der Durchführung des Bürgerentscheids regeln (zusätzlich zu den allgemeinen Anforderungen an technisch-organisatorische Maßnahmen nach Art. 5 Abs. 1 Buchstabe f und Art. 32 DS-GVO) § 80 in Verbindung mit §§ 111, 112 KWO Anforderungen an die Sicherung und Vernichtung der Unterschriftenlisten und weiteren Abstimmungsunterlagen.

Kontakt

Sie haben Fragen zu diesem Thema? Dann kontaktieren Sie bitte:

Frau Horlbeck, Herr Dr. Rapp

Referat 1.2

Der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit
Kommunen
Referat 1.2
Postfach 3163
65021 Wiesbaden

Frau Horlbeck
Telefon: +49 611 1408-146

Herr Dr. Rapp
Telefon: +49 611 1408-166

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